Karlsruher Vortragsreihe - Forschung und Praxis in Wasserbau und Wasserwirtschaft

Strukturelle Heterogenität, funktionale Simplizität. Neue diagnostische Ansätze in der Hydrologie, Hydrogeologie und Biogeochemie

23.06.2016

Gunnar Lischeid
ZALF Müncheberg und Universität Potsdam

 

Die Bewirtschaftung von Umweltsystemen, z.B. in der Wasserwirtschaft, setzt solide Kenntnisse über diese Systeme voraus. Umweltsysteme zeichnen sich in der Regel durch erhebliche räumliche und zeitliche Heterogenitäten sowie durch vielfältige und oft komplexe Wechselwirkungen aus. Die wissenschaftliche Erforschung von Umweltsystemen hat eine Vielzahl von Prozessen und von deren Steuergrößen identifiziert. Auf dieser Basis wurden numerische Modelle entwickelt, um Effekte geänderter Randbedingungen oder bestimmter Managementmaßnahmen abschätzen zu können. Diese Modelle erfordern allerdings in der Regel eine genaue Kenntnis der jeweiligen Situation bzw. der Struktur der Systeme, die außerhalb intensiver Einzelstudien oft nicht in der nötigen Tiefe gegeben ist. Nur dann ist aus der Kenntnis der Struktur der Umweltsysteme das Verhalten bzw. die Funktion dieser Systeme abzuschätzen.

Umweltbehörden und Wasserwirtschaft müssen jedoch in vielen Fällen das inverse Problem lösen: Das beobachtete Verhalten, z.B. die Überschreitung von Umweltqualitätsnormen, muss möglichst eindeutig einer von vielen möglichen Ursachen zugeordnet werden, um entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Anders als in wissenschaftlichen Einzelfallstudien ist aber die Datenlage oft sehr begrenzt. Zusätzlich erschweren Wechselwirkungen, die in Einzelstudien meist nur unzureichend berücksichtigt werden können, eine solide Ursache-Wirkungs-Abschätzung. Dafür werden leistungsfähige diagnostische Verfahren benötigt, was aber seitens der Umweltwissenschaften bisher kaum als wissenschaftlich relevante Fragestellung angesehen wurde.

Werden Umweltsysteme aber tatsächlich als Systeme und nicht nur als eine Menge von Einzeleffekten verstanden, können die verfügbaren Daten unter Anwendung moderner Ansätze der Systemanalyse sehr effizient genutzt werden. Heterogenitäten werden dann nicht mehr als Problem angesehen, sondern als Informationsquelle genutzt. In dem Vortrag werden dafür einige Beispiele vorgestellt.